"TSATSIKI - TINTENFISCHE UND ERSTE KÜSSE"
("Tsatsiki - Morsan och Polisen")

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REGIE: Ella Lemhagen
BUCH: Ulf Stark
KAMERA: Anders Bohman
SCHNITT: Bernhard Winkler
MUSIK: Popsicle
PRODUKTION: Anne Ingvar
DARSTELLER: Samuel Haus, Alexandra Rapaport, Jacob Ericksson, Jonas Karlsson, George Nakas

SCHWEDEN 1999, 91 Minuten, Farbe, 35mm, DF
GENRE: Kinderfilm
START: 06.04.2001

EGAL, OB ES DARUM GEHT, EIN MOTORRAD ZU REPARIEREN, EINEN NEUEN TAUCHREKORD AUFZUSTELLEN, ODER SEINE MUTTER DAZU ZU BRINGEN, MIT NACH GRIECHENLAND ZU FLIEGEN: "TSATSIKI" HAT IMMER DIE TOLLSTEN IDEEN!

Tobias Johansson ist acht Jahre alt und wohnt mit seiner Mutter in Stockholm. So oft er kann geht er ins Schwimmbad, um dort tauchen zu üben. Sein Vater ist nämlich Tintenfischfischer in Griechenland – und irgendwann einmal will ihn Tobias, der sich wegen seiner griechischen Herkunft "Tsatsiki" nennt, auf der Tintenfischjagd begleiten. Sein momentaner Rekord: 42 Sekunden.

Gar nicht begeistert von diesen Tauchversuchen ist der Polizist Göran. Als er Tsatsiki bewegungslos auf dem Grund des Schwimmbeckens entdeckt, ‚rettet‘ er den Jungen. Auf dem Polizeimotorrad bringt er Tsatsiki zu seiner Mutter, um mit ihr darüber zu sprechen, dass Tsatsiki für seine Tauchübung in das offiziell geschlossene Schwimmbad eingestiegen war.

Als die beiden vor dem Haus ankommen, dröhnt ihnen laute Musik aus der Garage entgegen. Tina, Tsatsikis Mutter, ist Gitarristin und Sängerin einer Rockband. Als Göran ihr erzählt, was passiert ist, ist sie ganz schön wütend auf ihren Sohn. Über seinen Tauchrekord kann sie sich nicht freuen, da sie für seine Griechenlandpläne wenig Geld und wenig Sinn hat. Denn seit einem Griechenland-Urlaub vor acht Jahren hat Tina zu Tsatsikis Vater, der von der Existenz seines Sohnes nichts weiss, keinen Kontakt mehr - und will es dabei auch belassen.

Tsatsikis bester Freund heisst Per. Die beiden halten immer zusammen, nicht nur gegen Marten, der alle Mitschüler terrorisiert. Als der wieder einmal auf sie losgeht, flüchten sie ins nächste Geschäft und finden sich zwischen Damenunterwäsche und Bademoden wieder. Aus lauter Verlegenheit kaufen sie einen Leoparden-Bikini als Geschenk für Tsatsikis Mutter.

Zu Hause steht ein Polizeibus vor der Tür. Dieses Mal, weil Göran in das Zimmer einzieht, das Tina vermietet. Seine erste Tat als Untermieter ist es, Ordnung in die Küche zu bringen. Sehr zur Freude von Tsatsiki, der wesentlich ordentlicher ist als seine Mutter. Die ist ziemlich aufgebracht, dass Göran sich in ihren Haushalt einmischt. Auch wenn sie chaotisch ist, kommen sie und ihr Sohn bestens allein zurecht. Zumindest fast allein – denn derzeit hat Tina einen Freund: Niklas, den Bassisten ihrer Band. Den mag Tsatsiki überhaupt nicht. Viel lieber wäre ihm, wenn seine Mutter mit Göran zusammen wäre. Dafür tut er dann auch einiges; z.B. empfiehlt er Göran, Tina ein Geschenk zu machen. ‚Zufällig‘ hat Tsatsiki noch etwas auf Lager: ein hübsches Päckchen, das ihm Göran vertrauensvoll abkauft, ohne den Inhalt zu kennen. Etwas peinlich ist es ihm dann schon, als Tina einen knappen Leoparden-Bikini auspackt. Tina jedoch findet es komisch.

Göran revanchiert sich für die Tips, indem er Tsatsiki einige Polizeigriffe beibringt. Damit kann sich Tsatsiki vorläufig gegen den Schulhof-Rowdy Marten zur Wehr setzen, wird dann aber doch k.o. geschlagen. Als er wieder zu sich kommt, blickt er in das Gesicht seiner ersten Schulliebe Maria, die ihn jetzt nicht nur wegen seiner dunklen Augen, sondern auch wegen seiner Tapferkeit bewundert.

Maria lädt Tsatsiki und Per zu ihrer Geburtstagsparty ein. Das stellt die beiden vor einige Probleme: Was sollen sie anziehen? Müssen sie tanzen können? Wenn ja, wer bringt es ihnen bei? Tsatsiki hat da schon eine Idee: Göran. Als Tsatsiki die ersten Schritte kann, fordert Göran Tina zum Tanzen auf. Dabei kommen sie sich so nahe, dass sie sogar Tsatsiki vergessen. So hatte der sich das mit Tina und Göran dann doch nicht vorgestellt ...

Tsatsiki möchte auch einen richtigen Anzug für Marias Party. Weil Tina mit ihrer Band ein Demoband für eine Plattenfirma aufnehmen muss, hat sie keine Zeit, mit ihm einkaufen zu gehen. Aber auf Göran kann man sich verlassen. Die beiden machen sich einen schönen Nachmittag im Einkaufscenter. Zum Abschluss gehen sie griechisch essen und schauen einer Feuerschluckerin zu.

Wieder zu Hause wollen sie Tina mit ihren Einkäufen überraschen. Das geht aber gründlich daneben, denn Tina knutscht gerade mit dem Bassisten. Enttäuscht und traurig schleichen sich Göran und Tsatsiki davon. Um sich abzulenken, repariert Göran sein Motorrad und bringt gleichzeitig Tsatsiki das dafür notwendige Wissen bei.

Am nächsten Tag spielen Tsatsiki und Per in der Garage, dem Übungsraum der Band. Sie üben, wie man einem Mädchen eine Liebeserklärung macht. Um zu hören, wie ihre Versuche so klingen, nehmen sie ihre Liebesschwüre versehentlich auf das Demotape der Band auf. Als der Bassist das merkt, wird er stocksauer. Doch die Schimpfkanonaden des Bassisten sind Tina zu viel. So darf man mit ihrem Sohn nicht umgehen! Es kommt zu einem heftigen Streit zwischen Tina und dem Bassisten, der mit einem Rauswurf endet.

Bedrückt geht Tsatsiki auf Marias Geburtstagsfest, wo er mit ihr tanzt und seinen ersten Kuss bekommt: Bei ihm läuft es besser als bei seiner Mutter.

Nach dem grossen Krach macht sich Göran wieder Hoffnung auf Tina. Doch genau im falschen Moment taucht der Bassist wieder auf. Er hat einen Auftritt für die Band organisiert und ein Plattenvertrag scheint auch nicht mehr fern – für Tina ist die Welt wieder in Ordnung.

Göran gibt auf und will ausziehen. Tsatsiki dagegen hat einen Plan: Könnte man nicht den Bassisten mit der Feuerschluckerin verkuppeln? Der Auftritt der Band wäre eine gute Gelegenheit, die beiden zusammen zu bringen. An Tinas grossem Abend sind alle da, auch Göran und die Feuerschluckerin. Doch anders als von Tsatsiki geplant, interessieren sie sich ausschliesslich füreinander.

Für die Band ist das Konzert der Durchbruch: Der Plattenvertrag ist unter Dach und Fach und für Tina gibt es sogar einen Vorschuss. Tsatsiki möchte von dem Geld unbedingt nach Griechenland fahren. Jetzt hat Tina keine Ausrede mehr.

Spätestens als Tsatsiki seinen Kopf ins gefüllte Waschbecken steckt und seiner Mutter droht, solange die Luft anzuhalten, bis sie nachgibt, hat Tsatsiki gewonnen. In Griechenland angekommen, bereut auch Tina ihre Entscheidung nicht. Die beiden geniessen ihren Urlaub in vollen Zügen. Sie schwelgt in Erinnerungen an die wunderschöne Zeit, die sie vor acht Jahren mit Tsatsikis Vater auf Kreta verbracht hat. Trotzdem schiebt sie es immer wieder auf, nach ihm zu suchen. Wer weiss, was aus ihm geworden ist?

Als Tina in der alten Bar nach ihm fragt, kommt ein leicht korpulenter Mann mit wirren Rastalocken und ausgebeulten Hosen die Strasse entlang – Tsatsikis Vater. Entsetzt ergreifen Tina und Tsatsiki die Flucht. "Er sieht gar nicht so aus, wie du gesagt hast!", wirft Tsatsiki seiner Mutter tief enttäuscht vor. Auch Tina ist völlig desillusioniert. Frustriert beschliessen die beiden, sich einfach noch ein paar schöne Tage am Strand zu machen und dann nach Stockholm zurückzukehren.

Doch Tsatsiki lassen die Gedanken an seinen Vater keine Ruhe. Heimlich macht er sich auf die Suche und findet ihn schliesslich im Hafen, wo er Probleme mit dem Motor seines Bootes hat. Tsatsiki hat von Göran eine Menge über Motoren gelernt und so ist es für ihn kein Problem, seinem Vater bei der Reparatur zu helfen. Ohne zu wissen, dass der kleine Junge aus Schweden sein Sohn ist, lädt er ihn für den nächsten Tag zum Tintenfischen ein. Seiner Mutter erzählt Tsatsiki nichts von dieser Einladung.

Und so wird am nächsten Tag Tsatsikis Traum endlich wahr. Zusammen mit seinem Vater taucht er im Meer nach Tintenfischen – und erobert sein Herz: "Ein Vater, der dich zum Sohn hat, muss stolz sein wie ein Gockel." Tsatsiki sagt ihm nichts, aber er ist sehr glücklich.

Am letzten Urlaubsabend entschliesst sich Tina, doch noch mit Tsatsikis Vater über seinen Sohn zu sprechen. Und so taucht er am nächsten Morgen kurz vor der Abreise auf, um sich von seinem Sohn zu verabschieden. Er schenkt ihm eine Harpune, die er selbst von seinem Vater bekommen hat. Doch Tsatsiki möchte, dass er sie behält – als Zeichen dafür, dass sie sich bald wiedersehen werden.

Wieder in Stockholm gelandet, hat es Tina so eilig, nach Hause zu kommen, dass sie auf dem Heimweg von einem Verkehrspolizisten gestoppt wird. Es ist Göran. Er möchte auf der Stelle wieder bei Tina einziehen. Diesmal hat sie nichts mehr dagegen - und Tsatsiki erst recht nicht ...

 

Die literarische Vorlage und der Film

"Tsatsiki, Tsatsiki", "Tsatsiki, Tintenfische und erste Küsse" und "Tsatsiki, Karate oder Schmusetanz" (erschienen zwischen 1995 und 1998 - in der Bundesrepublik im Oetinger Verlag) gehören zu den weltweit erfolgreichsten Kinderbüchern der 90er Jahre. Der Autorin Moni Brännström (Jg. 1955) gelang es hier auf einzigartige Weise, das Lebensgefühl von acht- bis zehnjährigen Kindern zu beschreiben: ihre Ängste, Sehnsüchte und Hoffnungen. Dabei legte sie besonderen Wert auf eine Mischung aus Authentizität und Magie.

Auf ihre unkonventionelle Art versucht Tina, den Vorstellungen ihres Sohnes gerecht zu werden. Von der Literaturkritik wurde als besonders bemerkenswert hervorgehoben, wie einfühlsam Moni Brännström sowohl die Perspektive des Kindes als auch die der allein erziehenden Mutter in ihren Büchern berücksichtigt hat. Susanne Schübel meinte dazu in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 3. November 1998: "In Tsatsikis Leben gibt es Gewalt, Sucht, Armut, Depression. Nicht die Tatsache, dass sie diese Elemente in Kindergeschichten einbindet, hebt die Autorin aus der Masse heraus, sondern ihre amüsierte, aufmerksame Weltsicht, in der immer ein Hauch von Bitterkeit mitschwingt. Moni Brännström lässt Tsatsikis Gefühle Achterbahn fahren. Gleichzeitig aber verleiht sie ihm eine Bodenhaftung, die vielen Kindern heute fehlt: emotionale Sicherheit und Menschen, die in jeder Situation bedingungslos zu ihm stehen. Tsatsikis Mutter ist eine unabhängige Frau mit Gerechtigkeitsgefühl und Zivilcourage. Von ihr lernt Tsatsiki, dass man handeln muss - auch wenn's weh tut."

Dass dies auch in der Verfilmung nicht verloren ging, ist neben der atmosphärisch genauen und feinfühligen Inszenierung durch Ella Lemhagen ein Verdienst des Drehbuchautors Ulf Stark, der die Adaption von Moni Brännströms Büchern für die Leinwand besorgte. Er ist ein äusserst populärer schwedischer Kinderbuchautor, dessen Bücher auch in der Bundesrepublik hohe Auflagen erzielen. Da Stark über langjährige Erfahrungen mit der Verfilmung literarischer Vorlagen verfügt - acht Bücher von ihm sind bisher verfilmt worden - war es der ausdrückliche Wunsch von Moni Brännström, ihn mit dem Drehbuch für "TSATSIKI – TINTENFISCHE UND ERSTE KÜSSE" zu beauftragen.

Ulf Stark destillierte aus Brännströms Büchern einen wesentlichen Handlungsstrang heraus: die Suche eines Jungen nach dem Vater. Im Übrigen ist das ein Thema, mit dem sich Ulf Stark in den meisten seiner eigenen Bücher selbst beschäftigt. Dabei ist es ihm gelungen, die Atmosphäre der Vorlage kongenial in das Drehbuch zu übertragen. Das Ergebnis ist das behutsame Portrait eines Kindes auf dem Weg zum Erwachsenwerden - und eine anrührende Aufforderung an Eltern, diesen schwierigen und spannenden Weg mit ihren Kindern gemeinsam zu gehen ...